Problemstellung
Die Firma KAMAZ ist der größte GUS-Hersteller von schweren Lastkraftwagen. Es werden nicht nur Kraftfahrzeuge, sondern auch Busse, Anhänger, Autokräne und andere Fahrzeuge hergestellt. Eine der Entwicklungen des Unternehmens ist die Technologie einer Wechselbehälterlieferung - der „Kamatainer“. Diese Methode wird in Fällen verwendet, in denen sich der Start- und der Endübergabepunkt weit voneinander entfernt befinden. Die Strecke ist in mehrere Abschnitte unterteilt, in denen der Container von verschiedenen Zugmaschinen transportiert wird. Dadurch werden weniger LKW eingesetzt, sie fallen seltener aus und die Auslieferung dauert kürzer.
Im Rahmen des Projekts „Kamatainer“ stellte das Unternehmen eine neue KAMAZ-Spezialsattelzugmaschine vor, die mit einem zerlegbaren Mehrzweckcontainer ausgestattet werden kann. Solche Container sind leichter, billiger, geräumiger und leichter nachzuladen als die Standardcontainer. Der Containerwechsel dauert fünf bis sieben Minuten, sodass das Fahrzeug schneller über seine Route fährt, den Container an das andere Fahrzeug weitergibt und mit einem weiteren Container zu seiner Basis zurückkehrt.
In der Anfangsphase des Projekts wollte das Management von KAMAZ verstehen, inwieweit die Belieferung mit Wechselbehältern effektiver ist als die konventionellen Belieferungsmethoden. Aus diesem Grund hat das Unternehmen eine Studie zur Verkehrsplanung und zur Simulation zukünftiger Strecken in Auftrag gegeben. Die Entwickler simulierten die realen Prozesse von Transporten innerhalb der Stadt und zwischen Städten im KAMAZ-Versorgungsnetz, um die Anzahl der für die Wechselbehälterlieferungsmethode erforderlichen Sattelschlepper und Container mit den für die herkömmliche Lieferung notwendigen Ressourcen zu vergleichen und Stresstests für die Transportsimulationsmodelle durchzuführen. Die Entwickler entschieden sich für die Transportoptimierungssoftware AnyLogic als Modellierungswerkzeug. Sie nutzten einen ihrer Vorteile, einen agentenbasierten Simulationsansatz, um das Verhalten jeder Komponente innerhalb der Lieferkette detailliert zu beschreiben.
Innerstädtische Transportmodellierung
Lösung
In dem entworfenen Modell berücksichtigten die Entwickler den Transportprozess verschiedener Komponenten, von den Lagerhäusern der Lieferanten bis zum Lager der KAMAZ-Montagelinie. Dieser Prozess umfasste 70 Lastwagen, die bis zu 200 Fahrten pro Tag durchführen. Das Simulationsmodell zeigte diesen Prozess und demonstrierte auch die Wechselbehälterlieferung mit Hilfe der Kamatainer-Lastwagen.
Die Hauptagenten des Modells waren die Sattelschlepper, das Fließbandlager und die Lager der Zulieferer. Die visuelle Animation auf einer GIS-Karte zeigte die Lager, die Sattelschlepperbewegungen und die Containerverladevorgänge in den Lagerhäusern der Lieferanten.

Zu Beginn des Arbeitstages waren die Container im Lager der Montageanlage leer, während die Container in den Lagerhäusern der Lieferanten gefüllt waren. Der Sattelschlepper holte einen leeren Container aus dem Lager der Montagelinie ab und lieferte ihn an das Lager des Lieferanten. Anschließend holte er den beladenen Container dort oder dem nächstgelegenen Standort ab und lieferte ihn an das Lager der Montagelinie. An einigen Standorten wurden Sattelauflieger verwendet, um zwei Container in einer Fahrt zu liefern.
Das Modell berücksichtigte die Faktoren, die sich auf die Versandeffizienz auswirken könnten, wie z. B.:
- Fahrgeschwindigkeit der LKW
- Lade- und Entladezeit der Container in Lagern
- Montage- und Demontagezeit der Container
- Anzahl der leeren Behälter zu Tagesbeginn
- Arbeitszeit der Fahrer
Während der Ausführung sammelte das Modell Statistiken, die für die spätere Transportressourcenplanung und Systemanalyse dienten.
Für Lagerhäuser:
- Maximale Ausfallzeit wegen fehlender Container in den Lagerhäusern der Lieferanten, wenn eine Beladung erfolgen soll
- Maximale Ausfallzeit eines beladenen Containers durch das Warten auf den Versand
- Die letzte Versandzeit der Wechselbehälter
Für Sattelschlepper:
- Beendigungszeit der letzten Fahrt
- Anzahl der Fahrten
- Transitzeit
- Maximale und gesamte Ausfallzeit im Lager der Montagelinie und in den Lagerhäusern der Lieferanten
Ergebnis
Das Transportoptimierungsmodell war maßgeblich für den Vergleich der Anzahl der Sattelschlepper, Container und Transportkosten vor und nach der Einführung der Kamatainer-Technologie. Simulationsmodelle zeigten, dass die Technologie der Lieferung mit Wechselbehältern die Kosten für innerstädtische Sendungen neunmal senkte:
- 70 Lastwagen konnten durch 16 Sattelschlepper, 13 Wechselbehälter und 80 Anhänger ersetzt werden.
- Alle Lieferungen erfolgten in einer Arbeitsschicht.
- Die Ausfallzeit der Sattelschlepper betrug 3% der Arbeitszeit.
Modellierung von Transporten zwischen Städten
Lösung
Die Kamatainer-Technologie könnte auch für den Warentransport zwischen Städten eingesetzt werden. Zur Bewertung der technologischen Leistung in diesem Anwendungsbereich wurde ein Simulationsmodell für den Frachttransport zwischen Städten entwickelt.

Folgende Agenten waren auf der GIS-Karte vertreten:
- Die Netzwerkpunkte, an denen der Containeraustausch durchgeführt wird
- Sattelschlepper
- Fahrer
- Container
Sattelschlepper und Fahrer waren bestimmten Punkten zugewiesen und beförderten Güter zwischen ihrem eigenen Standort und den benachbarten Punkten. Sattelschlepper konnten Sattelauflieger ausnutzen, um einen zusätzlichen Container zu transportieren.
An den Startpunkten der Routen des Frachtströms stapelten sich die Container und warteten auf den Versand. Die Priorität für den Transport wurde den Sattelschleppern eingeräumt, die der nächsten Stelle auf dem Weg zugewiesen waren. Dies trug zu einem Rückgang der Leerfahrten in Gegenrichtung bei.
Einem Sattelschlepper zugewiesene Fahrer arbeiten im Schichtbetrieb. Jeder Fahrer darf pro Arbeitstag nicht länger als acht Stunden am Steuer sitzen und die nächste Fahrt erst nach einer Pause von 16 Stunden beginnen.
Ergebnis
Um die Effizienz der Wechselbehälterlieferung zu beurteilen, wurden die Versuchsergebnisse mit den tatsächlichen Daten des Transportsystems verglichen:
- Nur weniger als die Hälfte der Sattelschlepper wurde für alle Sendungen benötigt (46 statt 116).
- Die Lieferzeit für Waren war um das 2,5-fache (1,8 Arbeitstage statt 5) gesunken.
- Die monatlichen Transportkosten wurden um 37% gesenkt.
Die Simulationsmodellierung hat gezeigt, dass die Umstellung auf die Wechselbehälterlieferungsmethode eine Reduzierung der Anzahl der Sattelschlepper, der Versandzeit und der Gesamttransportkosten zur Folge hat.
Perspektivisch sollen die beiden beschriebenen Modelle als Transportplanungs- und Entscheidungshilfesysteme (DSS) eingesetzt werden. Sie werden hilfreich sein für:
- Das Erkennen von Systemengpässen beim Ausbau des Transportsystems und der Planung neuer Punkte.
- Effektivere Lösung von kurzfristigen und langfristigen Planungsproblemen durch die Anwendung der visuellen Werkzeuge von AnyLogic.
- Zuordnung von Versandplänen unter Berücksichtigung der Systemkapazität.