Problemstellung
Eines der größten Unternehmen der Erdöl- und Erdgasbranche sah sich durch die Erschöpfung der Vorkommen mit ihrer Unwirtschaftlichkeit konfrontiert: Etwa 20 % der Vorkommen brachten wenig bis gar keinen Gewinn. Um in einem ungewissen Umfeld eine weiterhin solide Performance zu gewährleisten, musste das Unternehmen betriebliche Entscheidungen darüber treffen, ob es seine weniger rentablen Ölquellen stilllegen oder aufrechterhalten sollte und ob es noch sinnvoll war, Beschädigungen zu reparieren.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, beschloss das Unternehmen, einen digitalen Zwilling (Digital Twin) der Lagerstätten zu entwickeln. Dieser war als Entscheidungshilfe für die Geschäftsleitung gedacht, um bei der Simulation von Lagerstättenaktivitäten mittels Betriebsdaten der Förderstätten behilflich zu sein, die ökonomischen Indikatoren zu analysieren und ineffektive Förderstätten zu identifizieren. Berater der Focus Group Company schlossen sich dem Projektteam bei der Entwicklung der Kernkomponente des Systems an – dem agentenbasierten Ölförderungssimulationsmodell.
Lösung
Die Ingenieure entschieden sich für die AnyLogic-Software zur Simulation von Erdöl- und Erdgasprozessen als Plattform für die Modellerstellung. Sie nutzten die Vorteile der GIS-Kartierungsfunktion von AnyLogic und bildeten die geografischen Standorte von Bohrloch-Clustern und ihrer spezifischen Leistungsmerkmale in dem Modell ab. Sie verknüpften etwa 400 Bohrlöcher mit ihren aktuellen Standorten und positionierten sie auf einer Modellkarte. Alle Ölquellen im Modell waren mit derselben Infrastruktur verbunden, ganz wie in der Realität: Leitungsnetz, Wasserleitungen, Straßen und Stromleitungen. Unmittelbar nach der Fertigstellung des Modells begannen die Akteure mit der Ölförderung. Die Datensätze konnten über Excel-Tabellen in das Modell hochgeladen werden.
Folgende Parameter konnten festgelegt werden:
- technische Betriebsweise der Bohranlagen
- Vorhersage ihres Wassereinschnitts
- Rohrkopf-Gasvolumen auf Bohrlochniveau
- Kosten von Öl und Erdgas für die Berechnung von Finanzindikatoren
Der hohe Detaillierungsgrad des Modells ermöglichte eine bessere Optimierung sowie eine genauere Ertrags- und Kostenabschätzung für jedes Bohrloch (z. B. Rohstofftransportkosten, Kosten für die Aufrechterhaltung des Drucks in der Lagerstätte, Strom-, Personal- und Wartungskosten).
Nach Abschluss des Modells simulierten die Entwickler ein Betriebsjahr einer Lagerstätte.
Ergebnis
Als Ergebnis identifizierte das Raffinerie-Simulationsmodell jene Ölquellen, die wirtschaftlich ineffizient waren, und solche, bei denen Wartung und Instandsetzung unrentabel waren.
Darüber hinaus ermöglichte das Modell eine Echtzeit-Bewertung, wie sich der Ausfall eines Bohrloches auf die wirtschaftliche Leistung der benachbarten Bohrlöcher auswirken könnte. Gleichzeitig berücksichtigte das Raffinerie-Simulationsmodell die Umverteilung der Gesamtkosten und die Senkung der Energiekosten für die Ölgewinnung in benachbarten Bohrlöchern aufgrund von Druckänderungen in der Pipeline.
Die Ingenieure exportierten das Modell als autonome Anwendung, um es an den Kunden zu kommunizieren. Eine vereinfachte Version des Modells zur Raffinerieoptimierung ist online ausführbar.
Nächste Schritte
In der nächsten Projektphase wird das Modell mit den operativen Datenquellen der Lagerstätte verknüpft. Dadurch wird es zu einem voll funktionsfähigen digitalen Zwilling zur Raffinerieoptimierung und ermöglicht die Simulation von Szenarien auf der Grundlage von Echtzeitdaten. Das Unternehmen plant, sie für die folgenden Zwecke einzusetzen:
- Bewertung der wirtschaftlichen Leistung einzelner Bohrlöcher über einen Jahreszeitraum hinweg
- Bewertung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Generalüberholung der Bohrlöcher
- Beurteilung der Frage, wie die Schließung oder das Aufrechterhalten eines Bohrlochs die technischen und wirtschaftlichen Indikatoren der anderen Bohrlöcher beeinflusst
Die Implementierung des digitalen Zwillings wird es ermöglichen, die Betriebskosten der Lagerstätte, um eine Million US-Dollar pro Jahr zu senken. Sobald das Werkzeug in einer Lagerstätte implementiert ist, kann es für die weitere Verwendung in anderen Lagerstätten angepasst werden.