Problem:
Die Entbindung per Kaiserschnitt ist eine Geburtsmethode, bei der der Chirurg den Bauchraum und Uterus der Schwangeren öffnet, um das Baby zu entbinden. Die vaginale Geburt ist die natürlichere Geburtsmethode, in der das Baby den Uterus der Mutter durch den Geburtskanal verlässt.
Im Idealfall kommt die Geburt per Kaiserschnitt nur dann zur Anwendung, wenn das Leben oder die Gesundheit von Mutter oder Kind gefährdet sind. Dies bedeutet einen größeren Eingriff im Abdomen, der für Mutter und Kind größere Risiken birgt als das bei einer vaginalen Entbindung der Fall wäre. Eine Kaiserschnittentbindung verursacht zudem ungefähr 50 Prozent mehr Kosten.
In den letzten 40 Jahren ist in den Vereinigten Staaten die Rate der Kaiserschnittgeburten dramatisch angestiegen, von 4,5% im Jahre 1965 auf 32,8% 2012. Viele dieser Kaiserschnittgeburten sind unnötig, laut Aussage einiger Forscher 50%. 2009 machten Klinikaufenthalte nach Entbindungen 7,6% aller stationären Kosten aus, mit einer Gesamtsumme von 27,6 Milliarden $.
Über die Jahre haben zahlreiche Forscher die Herausforderung erkannt, die Kaiserschnittrate zu reduzieren. Allan Mills, FSA MAAA ND, ein Versicherungsmathematiker in der Forschung, führte diese Forschung erstmals für den Staat Washington durch und seine Kollegen reproduzierten diesen Teil des Gesundheitswesens der Vereinigten Staaten in einem Simulationsmodell, das es den Interessenvertretern, insbesondere den Gesundheitsvertretern, Versicherern, Klinikern und Gesetzgebern ermöglicht, ihre Annahmen an einem Modell zu testen, um die richtigen Lösungen zu finden.
Lösung:
Die Forscher näherten sich dem Problem auf einer individuellen Bundestaatsebene, da die Bundesstaaten sich hinsichtlich der Geburtenentwicklung unterscheiden, insbesondere in der Infrastruktur des Gesundheitswesens und den Bedingungen des Gesundheitsförderprogramms Medicaid. Zu diesem Zeitpunkt des Projektes betrachteten sie vier US-Staaten: Washington, Illinois, New York, und West Virginia, da sie eine große Bandbreite der Kaiserschnittraten haben wollten.
Sie entschieden sich für die agentenbasierte Modellierungsmethode, da diese den Modellierern die Möglichkeit bot, das Verhalten von vielen heterogenen, unabhängig voneinander agierenden Agenten zu modellieren. Darüber hinaus bot die agentenbasierte Modellierung die Möglichkeit, die Netzwerkeffekte und das Feedback widerzuspiegeln, wenn Frauen und Geburtshelfer ihre Entscheidung auf der Basis von den Handlungen von Freunden und Kollegen und früheren Erfahrungen treffen.

Das Modell beinhaltete die folgenden Agententypen:
- Frauen
- Geburtshelfer
- Examinierte Hebammen (CNMs - Certified Nurse Midwives)
- Zugelassene Hebammen (LMs - Licensed midwives)
- Krankenhäuser
- Krankenversicherungen
- Medicaid
Die Forscher parametrierten die Agenten mit realen Daten, die sie aus einer Excel-Datei importierten. Für vertrauliche Daten generierten sie synthetische Daten auf Basis von realen Daten.
Es war wichtig, die wichtigsten Verhaltensweisen der Agenten korrekt zu simulieren, um den realen Entscheidungsprozess korrekt widerzuspiegeln. Sie simulierten Verhaltensweisen mit Frauen, die Geburtshelfer wählten (Gynäkologen, examinierte oder zugelassene Hebammen), Geburtshelfer, die Krankenhausvereinigungen wählten, geburtshilfliche Betreuung (bei Kaiserschnittgeburt oder vaginaler Geburt), den Prozess bei der Inanspruchnahme von Krankenversicherungen/Medicaid und die Bezahlung.
All diese Verhaltensweisen basierten auf der gleichen Vorlage mit zehn Hauptkomponenten (siehe Bild). Zum Beispiel wählten Frauen ihre Geburtshelfer in Abhängigkeit von ihrem Entbindungstermin (Eingangsdaten), in Abhängigkeit von ihrer Motivation (gewünschte Art der Geburtshilfe) und in Abhängigkeit von den Attributen (geografische Lage).
Das Modell hatte eine interaktive Schnittstelle, damit die Benutzer mit Parametern spielen konnten (Motivation, geografische Verteilung, etc.), Experimente durchführen konnten und sehen konnten, wie verschiedene Grundsätze das Systemverhalten beeinflussen. Das Ergebnisfenster zeigte Ergebnisse hinsichtlich Finanzen und Bevölkerung, sodass die User die Effektivität der verschiedenen Strategien leicht erkennen und vergleichen konnten. Das Modell beinhaltete auch die Visualisierung auf der Karte, wo alle Agenten animiert wurden. Das Problem erhielt somit eine geografische Perspektive.
Ergebnis:
Mit AnyLogic haben die Forscher eine spielerische, simulationsbasierte Lernumgebung für die Interessenvertreter entworfen, um das Problem besser untersuchen und mögliche Strategien testen zu können. Die Schulungseinheiten, in denen das Simulationsmodell verwendet wurde, verbesserten das Verständnis der Interessenvertreter für das Problem. Folglich konnten bessere Strategien entwickelt werden, um die Rate an unnötigen Kaiserschnitten zu senken.
Die ersten Ergebnisse der Experimente zeigten, dass die vorher vorgeschlagene Vergütungsreform der Gesundheitsdienstleister nicht alleine funktionieren würde, und dass die Interessenvertreter eine facettenreiche Strategie benötigen würden. Wenn eine Umrüstung der Arbeitskräfte als Teil der Strategie gewählt wurde, würde das viel Zeit in Anspruch nehmen.
Dies war weltweit das erste Simulationsmodell, das sich mit der hohen Kaiserschnittrate auf regionaler Ebene befasste.
In dem Video sehen Sie die Präsentation von Alan Mills anlässlich der AnyLogic Konferenz 2014:
